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Philosophie

Unsere Denkweise entspricht der Lebensanschauung des Vaters aus Lessings Ringparabel: Er hatte nur einen Ring zu vergeben, aber drei Söhne. Gleichwohl wollte er allen seinen Söhnen, die er gleichermaßen liebte, gerecht werden und fand hierfür eine geniale Lösung. Diese Lösung brachte nicht nur Gerechtigkeit in seine Vermögensnachfolge, sondern spornte seine Kinder überdies zum Besten an. Unsere Kanzlei hat nicht die Weisheit des Nathan, aber sein Ziel: Der Familie gerecht zu werden und mit der Vermögensnachfolge Anreize für die Entwicklung der Nachfolger zu schaffen:

Nathan der Weise
Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten,
der einen Ring von unschätzbarem Wert
aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein
Opal, der hundert schöne Farben spielte,
und hatte die geheime Kraft, vor Gott
und Menschen angenehm zu machen, wer
in dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder,
dass ihn der Mann in Osten darum nie
vom Finger ließ; und die Verfügung traf,
auf ewig ihn bei seinem Hause zu
erhalten? Nämlich so. Er ließ den Ring
von seinen Söhnen dem geliebtesten;
und setzte fest, dass dieser wiederum
den Ring von seinen Söhnen dem vermache,
der ihm der liebste sei; und stets der liebste,
ohn' Ansehn der Geburt, in Kraft allein
des Rings, das Haupt, der Fürst des Hauses werde.
So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn,
auf einen Vater endlich von drei Söhnen;
die alle drei ihm gleich gehorsam waren,
die alle drei er folglich gleich zu lieben
sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit
zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald
der dritte – sowie jeder sich mit ihm
allein befand, und sein ergiessend Herz
die andern zwei nicht teilten – würdiger
des Ringes; den er denn auch einem jeden
die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen.
das ging nun so, solang es ging.- Allein
es kam zum Sterben, und der gute Vater
kömmt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei
von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort
verlassen, so zu kränken. – Was zu tun?
Er sendet in geheim zu einem Künstler,
bei dem er, nach dem Muster seines Ringes,
zwei andere bestellt, und weder Kosten
noch Mühe sparen heißt, sie jenem gleich,
vollkommen gleich zu machen. Das gelingt
dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt,
kann selbst der Vater seinen Musterring
nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft
er seine Söhne, jeden insbesondre;
gibt jedem insbesondre seinen Segen,
und seinen Ring, und stirbt.
kaum war der Vater tot, so kommt ein jeder
mit seinem Ring, und jeder will der Fürst
des Hauses sein. Man untersucht, man zankt,
man klagt. Umsonst; der rechte Ring war nicht
erweislich;
fast so unerweislich, als
uns itzt der rechte Glaube.


Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Aus „Nathan der Weise“, 3. Aufzug, 7. Auftritt

KANZLEI OSTERTUN
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